Von der Sonne verbrannt, von Mücken zerstochen und um 23 Uhr hellwach. Es ist Sommer in Estland!
Das mit dem Sonnenbrand sollte man nicht nachmachen, ich denke da immer an den Essay von Mary Schmich „Advice, like youth, probably just wasted on the young“, geschrieben 1997. Besser bekannt als vertonte Version, auf Deutsch von Dieter Brandecker eingesprochen. Der Titel: Sonnencreme.
Irgendwie dachte ich: Ach wird schon nicht nicht so doll, das mit der Sonne. Dabei hatte man mir gesagt, dass die Sommer hier kürzer, aber dafür intensiver seien. Schulen und die Uni jedenfalls machen von Juni bis August Sommerpause. Und wer hat, der fährt ins Sommerhaus. Hauptsache draußen.
Eine unvollständige Liste meiner bisherigen Draußenhighlights:
- Den Tag mit einem Frühstück unterm Apfelbaum starten. Oder einem anderen Baum, der gerade verfügbar ist.
- Barfuß laufen, am besten morgens, durch taufrisches Gras. Geht auch im Park.
- Schaukeln. In Estland gibt es so viele verschiedene, kleine, große, aus Holz, aus Metall, auf manchen können sechs Leute gleichzeitig schaukeln, stehend. Und das machen nicht nur Kinder mit Begeisterung.
- Den Vögeln zuhören. Ich wünschte, ich könnte Vogelstimmen bestimmen.
- Einen Tag vertrödeln. Zum Beispiel mit einem Eis, am Wasser. Tartu hat keine Eisdielen, jedenfalls keine mit großen Eisbechern und Schirmchen drauf, in den letzten Tagen sind aber überall kleine Eiswägelchen aufgetaucht, denn Eis isst man trotzdem gern und reichlich.
- Pusteblumen pflücken – und pusten.
- Zeit nur mit sich verbringen. Und mit lieben Menschen.
- Durchs Unterholz streifen, oder in den Wald gehen. Bären, Wölfe, Elche, die meisten Tiere haben mehr Angst vor uns Menschen, als wir vor ihnen. Nur Mücken nicht, leider.
- Im Gras liegen und den Wolken zuschauen. In Tartu wird gerade jeder Flecken Grün von Menschen mit Picknickdecken bevölkert, auch mitten in der Stadt. Das ist Lebensgefühl.
- Den Sonnenuntergang anschauen, irgendwann weit nach 22 Uhr. Auch zwei Stunden später ist noch Licht am Horizont – weshalb sich mein Körper weigert einzuschlafen. Wie so ein bockiges Kind.
Und natürlich: Sonnencreme benutzen.
Schön geschrieben, beschreibt das Sommergefühl in Tartu. Jedoch, habe ich in all den 4 Jahren, wo ich wieder in Tartu wohne, vvlt eine handvoll picknickende Menschen gesehen in der Stadt, höchstens am Flussufer zwischen Vabaduse und Kroonuaia Brücke, sonst sind die Parks eher Menschenleer und Menschenleblos, oder man sitzt brav auf Sitzbänken. War mal ganz anders, wo ich Kind war.
Über das Eis essen habe ich erst gestern nachgedacht, beim flanieren in Berlin.. Eisdielen hat es überall, aber sich hinzusetzen und diese übergrossen, meist zu süssen Eisbecher sind mir zu viel. Da gehe ich lieber in den Supermarkt in Tartu und hole mir den ganz einfachen Regatt am Stiel. Oder höchstens einen Kugel hier in Berlin. Mit der Eisbecherkultur im übergross habe ich in Deutschland (und Schweiz) mich nie anfreunden können. Aber n Café, wo guter Espresso/Mokka serviert wird, mit EINEM Kugel Eis als Standard, wäre mir nicht verkehrt, nicht in Tartu, nicht in DE, Berlin zB. (Obwohl, zugegeben, in Berlin findet man bestimmt sowas, nur bin ich zu faul)